Löslichkeit von Gips (CaSO4)
Wie viel Mol Gips lösen sich in 1 Liter Wasser bei 25?
Diese Aufgabe wird auf zweierlei Art gelöst: (a) analytische Gleichung und (b) numerische Berechnung mit aqion. Obwohl es sich hier um ein recht einfaches System handelt, führen beide Herangehensweisen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Ursachen für diese Diskrepanz werden erläutert.
Analytische Formel (“Berechnung mit Taschenrechner”)
Die Reaktionsgleichung von Gips mit dem zugehörigen log K-Wert lautet (für 25°C):1
(1) | CaSO4 = Ca+2 + SO4-2 | log K = -4.58 |
Die Berechnung basiert auf zwei Gleichungen:
(2) | Massenwirkungsgesetz:2 | K ≈ KL* = [Ca+2] · [SO4-2] = 10-4.58 |
(3) | Ladungserhaltung: | [Ca+2] = [SO4-2] |
Gleichung (2) bezeichnet man auch als Löslichkeitsprodukt. Einsetzen von Gl.(3) in Gl.(2) ergibt die quadratische Abhängigkeit:
(4) | K = [SO4-2]2 |
Da die aufgelöste Menge an Gips genau dem Wert von [SO4] entspricht, erhält man sofort das Ergebnis:
(5) | ΔGips | = | K1/2 |
(6) | ΔGips | = | (10-4.58)1/2 M |
(7) | ΔGips | = | 10-2.29 M = 5.12×10-3 M = 5.12 mM |
Es werden also 5.12 mM Gips aufgelöst. [Man beachte, dass in diese Berechnung die zur Verfügung stehenden Anfangsmenge an Gips nicht eingeht.]
Berechnung mit aqion
Man starte mit reinem Wasser (Taste H2O), danach aktiviere man die oberen Checkboxen Mol und Minerale. Letzteres öffnet die Mineral-Tabelle. Durch Doppelklick auf die Zeile Gypsum lässt sich die Menge 20 mmol/L eingeben.3 Der Screenshot rechts zeigt dieses Beispiel.
Die Berechnung beginnt mit Start. Das Ergebnis wird zunächst in einem einfachen Übersichtsschema angezeigt. Mit der Taste weiter gelangt man schließlich zur Ausgabetabelle. In der äußersten rechten Spalte ließt man ab:
pH | = | 7.07 |
Ca | = | 15.6 mM |
SO4 | = | 15.6 mM |
Es haben sich demzufolge 15.6 mM Gips aufgelöst. Mit SO4 und Ca sind hier die totalen Konzentrationen gemeint:
(8) | [Ca]T | = | [Ca+2] + [CaSO4(aq)] + [CaHSO4+] + [CaOH+] |
(9) | [SO4]T | = | [SO4-2] + [HSO4-] + [CaSO4(aq)] + [CaHSO4+] |
Die Spezies-Verteilung ist in der Tabelle Ionen angegeben:
Ca+2 | 10.5 | mM |
CaSO4(aq) | 5.19 | mM |
CaHSO4+ | 3.2×10-6 | mM |
CaOH+ | 1.2×10-5 | mM |
SO4-2 | 10.5 | mM |
HSO4- | 5.1×10-5 | mM |
Es sind nur drei Spezies, die hier eine Rolle spielen: Ca+2, SO4-2 und CaSO4(aq). Die letztgenannte Spezies ist ein aquatischer Komplex – nicht zu verwechseln mit der Mineralphase Gips (die man mit CaSO4(s) bezeichnet).
Schlussfolgerungen
Die beiden Ergebnisse unterscheiden sich deutlich voneinander:
(10a) | analytische Lösung (mit Taschenrechner): | 5.1 mM |
(10b) | numerische Lösung (chem. Thermodynamik): | 15.6 mM |
Die Ursachen für das Versagen des analytischen Lösungsansatzes liegen vor allem in zwei Punkten:
- Vernachlässigung der Komplexbildung (insbesondere für CaSO4(aq))
- Vernachlässigung der Aktivitätskorrekturen (bei Ionenstärke I = 42 mM, γ = 0.48)
Anmerkungen
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Das Mineral Gips besitzt die Stöchiometrie CaSO4:2H2O. Um die Notation nicht zu überfrachten, nutzen wir hier die abkürzende Schreibweise ohne das Kristallwasser H2O. ↩
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Hier approximieren wir die Gleichgewichtskonstante durch das stöchiometrische Löslichkeitsprodukt. Streng genommen darf man das nur für ideale, also unendlich verdünnte Lösungen. ↩
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Die Eingabe entspricht dem Mineralvorrat, von dem sich aber nur ein Teil auflösen wird. Mit anderen Worten: Das Ergebnis ist unabhängig davon, ob man mit 20, mit 73.1 oder mit 100 mmol/L Gips startet (vorausgesetzt man unterschreitet nicht die Löslichkeitsmenge des Salzes bzw. Minerals). ↩