Wasserhärte
In der Wasserchemie unterscheidet man zwischen verschiedenen Härte-Begriffen:
• GH | – | Gesamthärte | |
• KH | – | Karbonathärte, Carbonat-Härte | (temporäre Härte) |
• NKH | – | Nichtkarbonathärte, Nichtcarbonat-Härte | (permanente Härte) |
• SH | – | Scheinbare Härte |
Gesamthärte GH
Die Gesamthärte (total hardness) ist ein Maß für den Gehalt an Erdalkali-Ionen im Wasser (hauptsächlich Calcium und Magnesium) plus aller anderen 2- und höherwertigen Kationen:
(1) | Gesamthärte GH = Σ multivalente Kationen |
In sehr guter Näherung gilt die “Standardformel”:
(2) | GH ≈ [Ca] + [Mg] |
Korrekt ist aber:
(3) | GH = [Ca] + [Mg] + [Sr] + [Ba] + [Fe] + [Mn] + [Al] + … |
Der Anteil der zusätzlich zu Ca und Mg noch einzubeziehenden multivalenten Kationen ist bei natürlichen Wässern vernachlässigbar klein. Wichtig ist nur: Monovalente Kationen (wie Na, K, Ammonium) tragen zur Gesamthärte nichts bei. Sie können aber als Scheinbare Härte eine Rolle spielen.
Für Verwirrung sorgen oftmals die Maßeinheiten. So verwendet man anstelle der SI-Einheit (mmol/L bzw. meq/L = mval/L) häufig noch die veraltete deutsche, französische, englische oder US amerikanische Härteskala. Für die Gesamthärte in meq/L und °dH (deutsche Grad) gelten die Beziehungen:1
(4a) | GH in meq/L | = | [Ca in meq/L] + [Mg in meq/L] |
(4b) | GH in °dH | = | 0.1339 × [Ca in mg/L] + 0.2307 × [Mg in mg/L] |
Das Programm aqion gibt die Gesamthärte in beiden Einheiten aus. Zu den anderen Maßeinheiten gelangt man mit Hilfe der Umrechnungstabelle.
Anhand der Gesamthärte GH unterteilt man Wässer in drei Härtebereiche: weich, mittel, hart.
[Eine Erläuterung und Diskussion zum Thema Wasserhärte (die eine Vereinfachung der “veralteten” Begriffswelt anstrebt) ist hier.]
Carbonathärte KH (Karbonathärte)
Gleichung (1) definiert die Gesamthärte aus der Perspektive der Kationen. Alternativ lässt sich die Gesamthärte auch aus Sicht der Anionen (Carbonate) interpretieren. Danach setzt sie sich aus zwei Anteilen zusammen: der Carbonathärte KH und der Nichtcarbonat-Härte NKH:
(5) | Gesamthärte GH = KH + NKH |
Die Carbonathärte ist hierbei der Anteil der Erdalkali-Ionen, der dem im Wasser gelösten CO3-2 und HCO3- äquivalent ist. In diesem Sinne entspricht die Carbonathärte der Alkalinität (bzw. dem KS43-Wert):
(6a) | KH in meq/L | = | [Alk in meq/L] |
(6b) | KH in °dH | = | 2.809 × [Alk in meq/L] |
In der Wasserchemie sind die Begriffe KH, (totale) Alkalinität und m-Wert quasi Synonyme:2
(7) | KH = Alk = m-Wert |
Nichtcarbonat-Härte NKH (Nichtkarbonathärte)
Die Gesamthärte GH und die Alkalinität (also KH) sind zwei Messgrößen, die traditionell bei jeder Wasseranalyse angegeben werden. Die Nichtcarbonat-Härte NKH ergibt sich dann einfach als Differenz beider Parameter:
(8) | NKH = GH – KH |
Die KH heißt “temporäre” oder vorübergehende Härte, da Calcit CaCO3 (Kalkstein) beim Erhitzen ausfällt. Im Gegensatz dazu bezeichnet man die NKH als “permanente” oder bleibende Härte, da die Ca- und Mg-Ionen an “Nicht-Carbonate” (also an Sulfat, Nitrat oder Chlorid) gebunden sind, welche beim Erhitzen nicht ausfallen.
In aqion werden sowohl GH als auch KH berechnet und angezeigt. Der Wert von NKH braucht nicht extra angegeben zu werden (und wird in der Praxis auch meist weggelassen), da dieser gemäß 8 sich direkt als Differenz ergibt: NKH = GH – KH.
Alternative Interpretation. Die Nichtcarbonat-Härte ist ein Maß für den Überschuss an starken Säuren gegenüber starken Basen:
(9) | NKH = starke Säuren – starke Basen |
Starke Säuren manifestieren sich im Vorhandensein von Nichtcarbonat-Anionen wie Sulfat, Chlorid und Nitrat; starke Basen erkennt man hingegen an solchen einwertigen Kationen wie Na, K und Ammonium. Damit lässt sich 9 auch schreiben als:
(10) | NKH [meq/L] ≈ (2×Sulfat + Chlorid + Nitrat) – (Na + K + Ammonium) |
in welche man die entsprechenden Konzentrationen der Wasseranalyse in mmol/L einsetzt.
Scheinbare Härte SH (Pseudohärte)
Mit den oberen Gleichungen und den drei Begriffen GH, KH und NKH ist eigentlich das Wichtigste zur Wasserhärte gesagt. Und dennoch scheint das Ganze einen Haken zu haben: Was ist, wenn die gemessene Carbonat-Härte die Gesamthärte übersteigt, wenn also KH > GH? In diesem Fall versagen 5 und 8.
Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, den Begriffsraum um eine weitere Größe zu erweitern, nämlich die “Scheinbare Carbonathärte” oder kurz “Scheinbare Härte” SH (pseudo hardness).3 Zu ihr gelangt man durch Umkehrung von 9, was so etwas wie eine “negative NKH” verkörpert:
(11) | SH = starke Basen – starke Säuren = – NKH |
(12) | SH [meq/L] ≈ (Na + K + Ammonium) – (2×Sulfat + Chlorid + Nitrat) |
Mit anderen Worten, SH ist der Anteil der Carbonat-Härte, der den mono-valenten Kationen zuzuschreiben ist, d.h. den Nicht-Erdalkali-Ionen (wie Na, K, Ammonium).
Verallgemeinerung des Härtebegriffs
Mit Einführung der zusätzlichen Größe “SH” entkrampft sich die Problematik einer zu klein geratenen Gesamthärte (also wenn GH < KH). Anstelle der Grundgleichung (5) tritt nun deren Verallgemeinerung:
(13) | Wasserhärte: GH + SH = KH + NKH |
wobei SH und NKH sich gegenseitig ausschließen: Entweder es überwiegen die starken Basen (dann ist NKH=0) oder es überwiegen die starken Säuren (dann ist SH=0). Damit lässt sich 13 auf die Kernaussage bringen:
(14a) | GH ≥ KH: | GH = KH + NKH | SH = 0 |
(14b) | GH < KH: | GH + SH = KH | NKH = 0 |
wobei 14a die landläufige Definition der Wasserhärte repräsentiert.
Beispiel: GH ≥ KH
Der Fall GH ≥ NKH gehört zum Standardverhalten “normaler” Wässer. Zur Demonstration wählen wir das mitgelieferte Beispielwasser C1.sol (Taste Open):
T | 10 °C |
pH | 7.34 |
Alk | 2.50 meq/L |
Ca | 1.40 mM |
Mg | 0.23 mM |
Na | 0.30 mM |
K | 0.05 mM |
Cl | 0.25 mM |
SO4 | 0.38 mM |
NO3 | 0.15 mM |
Mit Klick auf Start beginnt die Berechnung. Der kleine Ladungsbilanzfehler wird durch Anpassen des DIC-Wertes ausgeglichen (wobei die Alkalinität von 2.50 auf 2.45 meq/L geringfügig sinkt). Als Ergebnis lesen wir ab:
KH = 2.45 meq/L |
GH = 3.26 meq/L |
Die Differenz liefert: NKH = 0.81 meq/L. Eine “Scheinbare Härte” gibt es hier nicht (SH=0). Die Gesamthärte wird allein durch die Äquivalentmenge an Ca und Mg bestimmt: GH = (2×1.40 + 2×0.23) meq/L = 3.26 meq/L.
Beispiel: GH < KH
Wir verwenden das gleiche Beispielwasser C1.sol und geben diesem 2 mM NaOH hinzu (Taste Reac)4. Durch die Zugabe steigt die Alkalinität (also KH) um 2 meq/L, wohingegen die Gesamthärte unverändert bleibt:
KH = 4.45 meq/L |
GH = 3.26 meq/L |
Die Differenz liefert uns damit eine “Scheinbare Härte” von SH = 1.19 meq/L.
Der Wert von SH lässt sich auch per Hand aus den Angaben des Inputwassers berechnen, indem man folgende Konzentrationen in 12 einsetzt (Angaben in meq/L):
SO4 | 2×0.38 |
Cl | 0.25 |
NO3 | 0.15 |
K | 0.05 |
Na | 2.0 + 0.3 |
Bei Na ist hier die Zugabemenge von 2 mM NaOH berücksichtigt. Der mit 12 berechnete Wert ist im oberen Diagramm als “Diff” bezeichnet und beträgt 1.19 meq/L (was exakt mit dem Wert von KH – GH übereinstimmt).
Calcitfällung. Durch die Zugabe von 2 mM NaOH ist das entstandene Wasser stark Calcit-übersättigt. Das untere Diagramm zeigt die Ergebnisse nach der Calcitfällung (im Programm unter “Output 2”). Es fallen 1.37 mM Calcit aus, was zu folgendem Ergebnis führt:
KH | = | (4.45 – 2×1.37) meq/L | = | 1.71 meq/L |
GH | = | (3.26 – 2×1.37) meq/L | = | 0.52 meq/L |
SH | = | KH – GH | = | 1.19 meq/L (unverändert) |
Weitere Beispiele
Eine gewisse Vertrautheit beim Umgang mit den Härtebegriffen entsteht, wenn man zum reinen Wasser (H2O) bestimmte Chemikalien zugibt und die zu erwartenden Härtewerte (aus Vorüberlegung) mit den Rechnungen vergleicht. Der Einfachheit halber geben wir jeweils 1 mM eines oder zwei Reaktanten zu:
H2O + 1 mM Reaktant_1 | |
H2O + 1 mM Reaktant_1 + 1 mM Reaktant_2 |
Dies ist für ca. 20 Reaktionen mit Hilfe des Reac-Moduls gemacht worden (Taste Reac). Die nachfolgenden Tabelle zeigt die Ergebnisse, wobei neben den Härtegrößen GH, KH, NKH und SH auch andere chemische Parameter angegeben sind (Elementkonzentrationen, pH, Alkalinität und Calcit).
In allen sechs Reaktionen mit CaCO3-Zugabe wird die Calcitlöslichkeit überschritten (SI>0). Dazu zeigt die Tabelle sowohl den übersättigten Zustand als auch, in der darunterliegenden Zeile, den Zustand nach der Calcitfällung (SI=0). Die Menge des ausgefallenen Calcits wird ebenfalls ausgewiesen.5
Härteskalen und Maßeinheiten-Umrechnung
Folgende veraltete Härteskalen sind noch im Gebrauch:
(15a) | Deutsche Grad: | 1 °dH | = | 10 mg/L CaO |
(15b) | Französische Grad: | 1 °fH | = | 10 mg/L CaCO3 |
(15c) | Englische Grad (°Clark): | 1 °e | = | 10 mg CaCO3 in 0.7 L |
(15d) | 1 ppm CaCO3 (USA): | 1 °aH | = | 1 mg/L CaCO3 6 |
Dabei gilt folgende Wasserhärte-Umrechnungstabelle:
ppm CaCO3 | °dH | °fH | °e | meq/L | mmol/L | ||
1 ppm CaCO3 | = | 1 | 0.06 | 0.10 | 0.07 | 0.02 | 0.01 |
1 °dH | = | 17.8 | 1 | 1.78 | 1.25 | 0.357 | 0.178 |
1 °fH | = | 10.0 | 0.56 | 1 | 0.70 | 0.2 | 0.1 |
1 °e | = | 14.3 | 0.80 | 1.43 | 1 | 0.285 | 0.142 |
1 meq/L | = | 50.04 | 2.8 | 5 | 3.51 | 1 | 0.5 |
1 mmol/L | = | 100.09 | 5.6 | 10 | 7.02 | 2 | 1 |
Beispiel: |
1 ppm CaCO3 | = | 0.020 meq/L |
1 °dH | = | 0.357 meq/L |
Die Skalierungsfaktoren in der Umrechnungstabelle lassen sich direkt herleiten, wenn man die molaren Massen von Calciumcarbonat (Calcit) und Calciumoxid berücksichtigt:
(16a) | CaCO3: | 100.09 g/mol | bzw. | 1 mg/L CaCO3 | = | 0.010 mM |
(16b) | CaO: | 56.08 g/mol | bzw. | 10 mg/L CaO | = | 0.178 mM |
Anmerkungen
-
in der üblichen Näherung von 2, bei der man alle anderen multivalenten Kationen weglässt ↩
-
Das gilt nur für positive Werte der Alkalinität. Wenn die Alkalinität negativ ist (Acidität), wird KH=0 gesetzt. ↩
-
Den Begriff der SH findet man z.B. unter dem Namen “Scheinbare Karbonathärte” in: Walter Kölle, Wasseranalysen — richtig beurteilt, Wiley-VCH, Weinheim 2001. ↩
-
Da das Inputwasser nicht exakt ladungsausgeglichen ist, sollte man im Dialogfenster von Reac unter Setup den Ladungsausgleich fordern (andernfalls weichen die Ergebnisse geringfügig von den hier angegebenen ab). ↩
-
Bei der Reaktion “H2O + 1 mM CaCO3 + 1 mM MgCO3” ist das entstandene Wasser auch hinsichtlich dem Mineral Brucit übersättigt (Mg(OH)2). Dies wird aber hier ignoriert. ↩
-
ppm (parts per million) ist definiert als 1 ppm = 1 mg / 1 kg = 10-6. Für verdünnte Lösungen mit einer Dichte von ≈1 kg/L sind die Zahlenwerte der beiden Konzentrationseinheiten ppm und mg/L nahezu identisch. ↩