Pufferkapazität und Pufferintensität
pH-Puffer und alkalimetrische Titration
Ein pH-Puffer ist ein Gemisch aus einer schwachen Säure und einer Base. Im Folgenden betrachten wir eine 2-protonige Säure H2A, zu welcher eine 1-wertige starke Base BOH hinzugeben bzw. hinzutitriert wird (mit B+ = Na+ oder K+):1
(1) | H2A + n BOH = BnH2-n A + n H2O |
Beispiel: Für H2CO3 und NaOH entspricht dies im Spezialfall n = 0, 1, und 2 jeweils einer reinen H2CO3, NaHCO3 und Na2CO3-Lösung (siehe Äquivalenzpunkte).
Der Parameter n agiert hier als stöchiometrischer Koeffizient. Er hängt mit der Menge an zugegebener Base CB wie folgt zusammen:
(2) | n = CB /CT oder CB = n CT |
wobei CT die Säuremenge bezeichnet. Beide Größen CB und CT besitzen die Maßeinheit mol/L, während n dimensionslos ist.
Das “Gebilde” BnH2-n A in Reaktionsgleichung (1) ist im Wasser instabil; es dissoziiert in mehrere aquatische Spezies — siehe Bild rechts.
Die Stoffmenge der starken Base entspricht zudem der Alkalinität, Alk = CB. So gilt:
(3) | n = Alk /CT oder Alk = n CT |
Variiert man nun den Wert von n (oder CB) in der Reaktionsgleichung (1), so spricht man von einer alkalimetrischen Titration.
Anmerkung: Ein Grund für unser Augenmerk auf 2-protonige Säuren ist, dass zu dieser Gruppe die Kohlensäure H2CO3 als deren prominentester Vertreter gehört (also A-2 = CO3-2).
Notation. Die H+-Konzentration sei fortan mit x bezeichnet. Der Zusammenhang mit dem pH-Wert ist dann gegeben durch:2
(4) | x = [H+] = 10-pH | ⇔ | pH = – log [H+] = – log x |
Die (molaren) Konzentrationen der drei Säurespezies [H2 A], [HA-] und [A-2] kürzen wir ab als
(5) | [j] = [H2-j A-j] | mit j = 0, 1, 2 |
Ebenso führen wir die Größe “Alkalinität von reinem Wasser” wie folgt ein:
(6) | w = [OH-] – [H+] = Kw /x – x |
wobei Kw = 10-14 die Gleichgewichtskonstante der Selbstionisation des Wassers ist (Autoprotolyse). Für reines Wasser — definiert durch x = (Kw)1/2 = 10-7, also für pH = 7 — verschwindet dieser Beitrag: w = 0.
Ausgangspunkt: Das Gleichungssystem
Die Mathematik zur Beschreibung der alkalimetrischen Titration ist exakt dieselbe, wie wir sie für 2-protonige Säuren (mit ihren konjugierten Basen) diskutiert haben:3
(1.1a) | K1 | = {H+} {HA-} / {H2A} | (1. Dissoziation) | |
(1.1b) | K2 | = {H+} {A-2} / {HA-} | (2. Dissoziation) | |
(1.1c) | Kw | = {H+} {OH-} | (Selbstdissoziation) | |
(1.1d) | CT | = [H2A] + [HA-] + [A-2] | (Massenbalance) | |
(1.1e) | n CT | = [HA-] + 2 [A-2] + [OH-] – [H+] | (Ladungsbalance) |
Im Unterschied zur bisherigen Betrachtung stellt n jetzt eine kontinuierliche Variable dar (anstelle eines ganzzahligen Werts von n = 0, 1, 2). Mit der neuen Variablen n hat unser System einen zusätzlichen Freiheitsgrad erhalten, der es erlaubt, für eine vorgegebene Säuremenge CT den pH-Wert zu variieren.
Alkalinität. Die rechte Seite von 1.1e ist nichts anderes als die Definition der Alkalinität (im Carbonatsystem auch als m-Alkalinität bekannt):
(1.2) | Alk ≡ ([OH-] – [H+]) + [HA-] + 2 [A-2] |
Dies rechtfertigt die schon oben genannte 3:
(1.3) | Alk = CB = n CT |
Verteilungskoeffizienten (Ionization Fractions): a0, a1, a2
Das Gleichungssystem besteht aus 5 Gleichungen. Die gesamte Information, die die Säure betrifft, steckt in drei Gleichungen: (1.1a), (1.1b) und (1.1d). Dabei ist es von Vorteil, anstelle der drei Säurespezies [j], die drei Verteilungskoeffizienten aj zu betrachten:
(2.1) | aj = [j] / CT | mit j = 0, 1, 2 |
Diese auf 1 normierten “Konzentrationen”, die den Dissoziationsgrad anzeigen, sind unabhängig von der Säuremenge CT.
Zur Herleitung der pH-Abhängigkeit: Man dividiere 1.1d durch CT, womit sich die Massenbilanz-Gleichung vereinfacht zu:
(2.2) | 1 = a0 + a1 + a2 | (Massenerhaltung) |
Die Gleichungen (1.1a) und (1.1b) zusammen mit 2.2 liefern schließlich — nach etwas Umformung — die pH-Abhängigkeit der drei Verteilungskoeffizienten (hier ausgedrückt durch x = 10-pH):
(2.3a) | a0 = [ 1 + K1/x + K1K2/x2 ]-1 | ||
(2.3b) | a1 = [ x/K1 + 1 + K2/x ]-1 | ||
(2.3c) | a2 = [ x2/(K1K2) + x/K2 + 1 ]-1 |
Das sind Funktionen, die nur vom pH-Wert (bzw. x) abhängen. Darüber hinaus werden sie von zwei Parametern gesteuert: den beiden Gleichgewichtskonstanten K1 und K2. Dies sind “Materialkonstanten”, welche die 2-protonige Säure eindeutig definieren.
Die typische Kurvenform der aj als Funktion des pH ist hier gezeigt. Die Werte von aj liegen zwischen 0 und 1:
(2.4) | 0 < aj < 1 | für j = 0, 1, 2 |
Es gibt drei charakteristische pH-Werte, die im Diagram als Punkte mit eingetragen sind:4
(2.5a) | pH = pK1 | x = K1 | ⇔ | a1 = a0 ≈ ½ | a2 ≈ 0 | |
(2.5b) | pH = ½ (pK1+pK2) | x = (K1K2)1/2 | ⇔ | a0 = a2 ≈ 0 | a1 ≈ 1 | |
(2.5c) | pH = pK2 | x = K2 | ⇔ | a1 = a2 ≈ ½ | a0 ≈ 0 |
Die Verteilungskoeffizienten a0, a1 und a2 sind “Bausteine” für alle relevanten Formeln des Säure-Base-Systems (wie wir gleich sehen werden).
Analytische Lösung des Gleichungssystems
Die 5 Gleichungen des Gleichungssystems (1.1) — eine Gleichung in die andere eingesetzt — führen zu einer einfachen analytischen Formel:
(3.1a) | \(C_T(x) \, = \, \dfrac{x - K_w/x} {a_1 + 2a_2 - n}\) |
Die pH-Abhängigkeit steckt in x (= 10-pH) und x selbst steckt in a1 und a2. Die pH-Abhängigkeit kommt vollständig zum Vorschein, wenn man (2.3b) und (2.3c) in 3.1a einsetzt:
(3.1b) | \(C_T(x) \, = \, \left(x-\dfrac{K_w}{x}\right) \ \left(\dfrac{1+2K_2/x} {x/K_1 + 1 + K_2/x}-n\right)^{-1}\) |
Beide Formeln berechnen CT, wenn man n und den pH (bzw. x) vorgibt. Oft ist man jedoch an der “inversen Aufgabe” interessiert: Berechnung des pH aus der Vorgabe von CT und n.
Inverse Lösung. Zur Lösung der inversen Aufgabe muss man 2.1b nach x umstellen, was zu einem Polynom 4. Ordnung in x (= 10-pH) führt:
(3.2) | x4 + {K1 + nCT} x3 + {K1K2 + (n–1)CT K1 – Kw} x2 + K1 {(n–2)CT K2 – Kw} x – K1K2Kw = 0 |
Diese quartische Gleichung (nicht zu verwechseln mit “quadratische Gleichung”)5 liefert den pH-Wert für jedes Wertepaar von CT und n.
Ersetzt man in 3.2 nun nCT durch CB, so folgt die alternative Form:
(3.3) | x4 + {K1 + CB} x3 + {K1K2 + (CB – CT) K1 – Kw} x2 + K1 {(CB – 2CT) K2 – Kw} x – K1K2Kw = 0 |
Kennt man den pH (bzw. x), dann lassen sich die Konzentrationen der drei Säurespezies H2 A, HA- und A-2 mittels der Verteilungskoeffizienten aj berechnen:
(3.4) | [H2-j A-j] = CT aj (x) | für j = 0, 1, 2 |
Hinweis (j vs. n). Im Gegensatz zur reellen Variable n, ist der Index j = 0, 1, 2 immer eine Ganzzahl (Integer). Als Ganzzahl-Index kennzeichnet j sowohl die Koeffizienten aj als auch die drei Säurespezies [j]. Das ist auf N-protonige Säuren übertragbar, wobei j die natürlichen Zahlen von 0 bis N durchläuft.
Exakte Beziehungen zwischen pH, CT und n (bzw. Alk = nCT)
Der Gleichgewichtszustand des Systems “2-protonige Säure + starke Base” (alkalimetrische Titration) wird mit den fünf Gleichungen (1.1a) bis (1.1e) vollständig beschrieben (inkl. der Spezies-Verteilung von H2A, HA- und A-2).
Sobald man zwei von den drei Parametern CT, n und pH vorgibt (bzw. CT, Alk und pH), dann ist der dritte Parameter eindeutig festgelegt:
(4.1a) | pH (CT,n) | = –log x1 mit x1 = positive Lösung von 3.2 | [j] = CT aj | |
(4.1b) | pH (CT,Alk) | = –log x1 mit x1 = positive Lösung von 3.3 | [j] = CT aj |
(4.2a) | n (CT,pH) | = a1 + 2a2 + w/CT | [j] = CT aj | ||
(4.2b) | Alk (CT,pH) | = CT (a1 + 2a2) + w | [j] = CT aj | ||
(4.3a) | CT (n,pH) | = w/(n – a1 – 2a2) | [j] = [w/(n – a1 – 2a2)] aj | ||
(4.3b) | CT (Alk,pH) | = (Alk – w)/(a1 + 2a2) | [j] = [(Alk – w)/(a1 + 2a2)] aj |
mit w(x) aus 6. Die Abkürzung [j] steht hier für die molare Konzentration der drei Säurespezies.
Alle hier gelisteten Gleichungen sind unterschiedliche Ausdrucksformen ein und desselben Sachverhalts, nämlich des Gleichungssystems (1.1a) bis (1.1e).
Diagramme. Diese Beziehungen (in ihrer ganzen Nichtlinearität) veranschaulicht man am besten graphisch. Gegeben sei dazu das Carbonat-Puffer-System. Die nachfolgenden Diagramme zeigen alle möglichen Kombinationen jeweils einer abhängigen Variable von zwei unabhängigen Parametern:
Ersetzt man nun den “stöchiometrische Koeffizienten” n durch die Alkalinität (Alk = n CT), dann ändert sich die Kurvenform grundlegend:
Weitere Beispiele. Die Anwendung von 4.2a auf ein Carbonatsystem liefert Titrationskurven, wie sie auch im Diagramm unten als blaue Kurven eingetragen sind. Ein vollkommen anderes Bild ergibt sich, wenn man 4.3a für den Spezialfall n = 0, 1, 2 darstellt – siehe Äquivalenzpunkte.
Pufferkapazität
Die Alkalinität ist bekanntermaßen eine Pufferkapazität (und damit ist es auch CB). Die mit 4.2b beschriebenen Titrationskurven zeigen also die Pufferkapazität als Funktion des pH. In diesem Sinn kann man n(pH) = CB/CT als “normierte” bzw. maßeinheitslose Pufferkapazität auffassen. Aus den oberen Gleichungen folgt also
(5.1a) | Pufferkapazität (in mol/L): | CB | = | (a1 + 2a2) CT + w | ||
(5.1b) | Pufferkapazität normiert: | n | = | (a1 + 2a2) + w/CT |
Jeder einzelne Term in diesen “Titrationsformeln” ist pH-abhängig: a1(x), a2(x), CT(x) und w(x). In ausgeschriebener Form lautet 5.1b:
(5.2) | n (CT,x) = \(a_1 + 2a_2 + \dfrac{w}{C_T} \ =\ \dfrac{1+2K_2/x} {x/K_1 + 1 + K_2/x} + \dfrac{K_w/x - x}{C_T}\) |
Pufferintensität
Die Pufferintensität ist die 1. Ableitung der Pufferkapazität nach dem pH-Wert:
(6.1a) | Pufferintensität (in mol/L): | βc | = | dCB / d pH = β CT | |
(6.1b) | Pufferintensität normiert: | β | = | dn / d pH |
Je steiler der Anstieg der Pufferkapazität (sprich Titrationskurve), desto größer ist die Pufferintensität β = dn/d pH, d.h. desto größer ist der Widerstand des Systems gegen pH-Änderungen. Dort wo β sein Maximum hat, befindet sich auch der optimale Pufferbereich (pH±1 um den Maximalwert) — wie im unteren Diagramm:
Gleichungen. Die 1. Ableitung von 5.2 nach dem pH liefert (siehe Anhang):
(6.2a) | β = ln 10 {(a2 + a0) – (a2 – a0)2} + ln 10 (w+2x) /CT |
oder, in ausgeschriebener Form,
(6.2b) | \(\beta \ = \ \ln10 \, \left\{\dfrac{x/K_1+4K_2/K_1+K_2/x}{(x/K_1+1+K_2/x)^2} \, +\ \dfrac{x+K_w/x}{C_T} \right\}\) |
Aus 6.2b mit den positiven Summanden geht hervor, dass β durchweg eine positive Größe ist (sie wird an keiner Stelle negativ oder Null).
Extremalpunkte. Die lokalen Maxima (und Minima) der Pufferintensität befinden sich an folgenden Stellen:
x = K1 | Maximum | ⇒ | optimaler Pufferbereich |
x = (K1K2)1/2 | Minimum | ||
x = K2 | Maximum | ⇒ | optimaler Pufferbereich (nicht für kleine CT) |
Man beachte, dies gilt nicht exakt; es ist eine Näherung, aber eine sehr gute. Die Extremwerte befinden sich genau an der Stelle, wo die erste Ableitung von β ihre Nullstellen hat.
Beispiel: Die Pufferintensität des einfachen CO2-System ist als grüne Kurve im Diagramm unten dargestellt.
Pufferkapazität. Zur Pufferkapazität gelangt man durch Integration der Pufferintensität:
(6.3) | Pufferkapazität CB = \(\int_a^b \beta_c \, \text{d}\,\text{pH}\) |
Ableitung der Pufferintensität nach pH
Die Ableitung der Pufferintensität β nach dem pH-Wert ergibt:
(7.1) | \(\dfrac{d\beta}{d\,pH} \ = \ (\ln10)^2 \, \left\{\dfrac{f(x)}{(x/K_1+1+K_2/x)^3} \, +\ \dfrac{K_w/x - x}{C_T} \right\}\) |
mit der Abkürzung:
(7.2) | f (x) = (x/K1 – K2/x) (x/K1 + K2/x – 1 + 8 K2/K1) |
Die Nullstellen von dβ/d(pH) definieren die Extrema der Pufferkapazität.
Beispiel: Die Ableitung der Pufferintensität für das einfache CO2-System ist als rote Kurve im Diagramm unten dargestellt. Die Nullstellen von dβ/d(pH) sind als kleine blaue Kreise eingezeichnet.
Anwendung auf das Carbonatsystem
Gegeben sei ein CO2-System mit CT = 100 mM, 10 mM und 1 mM H2CO3.6 Basierend auf den oberen Gleichungen werden drei Größen dargestellt:
• n | (normierte) Zugabemenge an Base7 | (blaue Kurve) |
• β = dn/d pH | (normierte) Pufferintensität | (grüne Kurve) |
• dβ/d pH | Ableitung der Pufferintensität | (rote Kurve) |
Alle drei Größen sind per Definition maßeinheitslos. Die kleinen blauen Kreise markieren die Nullstellen von dβ/d pH.
Da die (blaue) Titrationskurve immer ansteigend ist, muss die Pufferintensität β zwangsläufig positiv sein (siehe grüne Kurve). Das entspricht dem Prinzip von Le Châtelier: Jede Lösung widersetzt sich einer pH-Änderung.
Verallgemeinerung auf N-protonige Säuren
Unsere Überlegungen lassen sich auf N-protonige Säuren übertragen. Dazu ist es von Vorteil, eine extra dafür zugeschnittene Notation zu verwenden.
Anhang – Ableitungen nach pH
Die erste und die zweite Ableitung von x = [H+] = 10-pH nach dem pH sind:
(A1) | dx/d pH = (–ln 10) x | und | d2x/d(pH)2 = (–ln 10)2 x |
Dieses Ergebnis hilft uns, jede beliebige Funktion f(x) nach dem pH abzuleiten (mittels Kettenregel):
(A2) | \(\dfrac{d\,f(x)}{d\,pH} \ = \ \left(\dfrac{dx}{d\,pH}\right) \left(\dfrac{d\,f(x)}{dx}\right) \ = \ (-\ln10)\, x \ \dfrac{d\,f(x)}{dx}\) |
Angewendet auf die Hilfsgröße w(x) = Kw/x – x erhält man:
(A3a) | dw/d(pH) | = ln 10 (Kw/x + x) | = ln 10 (w + 2x) | |
(A3b) | d2w/d(pH)2 | = (ln 10)2 (w + 2x – 2x) | = (ln 10)2 w |
Alle höheren Ableitungen folgen dem selben Muster:
(A3c) | \(\dfrac{d^{k}w}{d\,(pH)^k} \ = \ (\ln10)^k \, \left\{\begin{matrix}\ w& &\textrm{für} & k\,\ \textrm{gerade} & \\ \ w+2x && \textrm{für} & k\,\ \textrm{ungerade} & \end{matrix}\right.\) |
Momente Yk. Die Verteilungskoeffizienten in 2.3a bis 2.3c erfüllen die folgenden Beziehungen (wobei die Summation von j = 0 bis 2 läuft):
(A4a) | Y0 ≡ Σj aj | = a0 + a1 + a2 | = 1 | ||
(A4b) | Y1 ≡ Σj j aj | = 0⋅a0 + 1⋅a1 + 2⋅a2 | = a1 + 2 a2 | ||
(A4c) | Yk ≡ Σj jk aj | = 0⋅a0 + 1⋅a1 + 2k⋅a2 | = a1 + 2k a2 | (für alle k > 0) |
Größen dieser Art werden auch als “Moment der Ordnung k” bezeichnet. Y0 repräsentiert die Massenbalance, Y1 ist das Herzstück jeder Titrationskurve bzw. Pufferkapazität; Y2 und Y3 beschreiben die Pufferintensität und deren Ableitung. Alle Yk sind positive Größen mit Wertebereich 0 < Yk < 2k (für k>0).
Für die 1. Ableitung der Verteilungskoeffizienten aj nach pH erhält man
(A5) | daj /d(pH) = ln 10 {j – (a1 + 2a2)} aj = ln 10 (j – Y1) aj | für j = 0, 1, 2 |
Wendet man dies auf die Summen in A4a und A4b, so folgt
(A6a) | (d/d pH) Σj aj | = ln 10 Σi (j – Y1) aj | = ln 10 (Y1 – Y1) = 0 | |
(A6b) | (d/d pH) Σj j aj | = ln 10 Σj j (j – Y1) aj | = ln 10 (Y2 – Y12) |
Die erste Beziehung ist offensichtlich, da es sich hier um die Ableitung einer Konstanten handelt, nämlich d 1/d(pH) = 0. Im Allgemeinen gilt:
(A7) | d Yk /d pH = ln 10 Σj jk (j – Y1) aj = ln 10 (Yk+1 – Y1Yk) |
Die 2. Ableitung von Y1 liefert
(A8a) | \(\dfrac{d^2\,Y_1}{d(pH)^2}\) | = \((\ln10) \,\dfrac{d}{d\, pH}\, (Y_2-Y_1^2)\) | |
= (ln 10)2 (Y3 – Y1Y2 – 2Y1 (Y2 – Y12)) | |||
= (ln 10)2 (Y3 – 3Y1Y2 + 2Y13) |
und die 3. Ableitung von Y1 liefert
(A8b) | \(\dfrac{d^3\,Y_1}{d(pH)^3}\) | = \((\ln10)^2 \,\dfrac{d}{d\, pH}\, (Y_3-3Y_1Y_2+2Y_1^3)\) |
= (ln 10)3 {(Y4–Y1Y3) – 3Y2 (Y2–Y12) – 3Y1 (Y3–Y1Y2) + 6Y12 (Y2–Y12)} |
Pufferintensität & Co. Die oben hergeleiteten Hilfsgleichungen lassen sich nun auf die Pufferintensität und deren Ableitung — definiert in 6.2 und 7.1 — anwenden. Konkret gilt:
(A9a) | n | = | (Y1 + w/CT) | |
(A9b) | β | = d /d pH | (Y1 + w/CT) | |
(A9c) | dβ/d pH | = d2/d (pH)2 | (Y1 + w/CT) |
Das ergibt:
(A10a) | n | = (Y1 + w/CT) | |
(A10b) | β | = (ln 10) {(Y2 – Y12) + (w+2x) /CT} | |
(A10c) | dβ/d pH | = (ln 10)2 {(Y3 – 3Y1Y2 + 2Y13) + w/CT} |
Die Y’s lassen sich schließlich durch die a’s ersetzen. Für den “Hauptbestandteil” von A10b folgt damit:
(A11) | Y2 – Y12 = (a1 + 4a2) – (a1 + 2a2)2 = (a2 + a0) – (a2 – a0)2 |
wobei in der letzten Beziehung A4a zur Anwendung kam.
Anmerkungen
-
Eine ausführliche mathematische Beschreibung findet man im Review (2021), Short Lecture (2023) oder als PowerPoint-Präsentation (2017). ↩
-
Streng genommen basiert der pH-Wert nicht auf der Konzentration, sondern auf der Aktivität von H+: pH = –log {H+}. ↩
-
Hier wird angenommen, dass alle Aktivitäten (geschweifte Klammern) durch Stoffmengenkonzentrationen (eckige Klammern) ersetzt werden können. Dies ist statthaft für verdünnte Wässer und/oder beim Übergang zu konditionellen Gleichgewichtskonstanten. ↩
-
Anstelle der Gleichgewichtskonstanten K verwendet man auch pK = –log K. ↩
-
Es existieren algebraische Lösungsformeln für quadratische, kubische und quartischen Gleichungen (Polynom 4. Ordnung), der Aufwand bei den letzten beiden ist aber enorm. [Polynome 5. Ordnung und höher sind algebraisch nicht lösbar.] ↩
-
Die beiden Gleichgewichtskonstanten der Kohlensäure sind: K1 = 10-6.35 und K2 = 10-10.33 (siehe auch hier). ↩
-
Auch negative Werte von n sind erlaubt. Damit wird der Entzug einer starken Base (z.B. NaOH) simuliert, was rein formal der Zugabe einer starken Säure (z.B. HCl) gleichkommt. ↩